General Motors und das Vanilleeis


„Dies ist das zweite Mal, daß ich Ihnen schreibe. Ich nehme es ihnen nicht übel, daß Sie auf meinen ersten Brief nicht geantwortet haben, weil er in der Tat merkwürdig geklungen haben muss. Aber es entspricht nun mal den Fakten, daß wir in unserer Familie allabendlich Eiscreme zum Dessert essen.

Die Eiscremesorte ist immer mal wieder eine andere. Nach dem Essen stimmt die Familie darüber ab, welche Eiscreme es denn sein soll und ich fahre dann runter zum Laden um das Eis zu kaufen. Fakt ist ebenfalls, daß ich kürzlich einen neuen Pontiac erworben habe und seitdem sind meine Eiseinkäufe etwas problematisch. Sehen Sie, jedes mal wenn ich Vanilleeis kaufe springt draußen vorm Laden mein Auto nicht an. Wenn ich aber ein anderes Eis kaufe, funktioniert alles wunderbar.

Ich möchte, daß Sie wissen, daß es mir mit dieser Frage sehr ernst ist, egal wie unsinnig sie klingt: „Was ist los mit meinem Pontiac, daß er nicht startet, wenn ich Vanilleeis kaufe, aber ohne Probleme startet, wenn ich andere Eissorten hole?“

Der Präsident von Pontiac war verständlicherweise skeptisch, was diesen Brief anging, schickte aber trotzdem einen Ingenieur heraus um die Sache zu überprüfen.

Dieser war überrascht von einem erfolgreichen, offensichtlich gut-gebildeten Mann in einer bevorzugten Wohngegend empfangen zu werden. Er hatte die Verabredung so eingerichtet, daß sie sich gerade nach dem Abendessen trafen. Also stiegen die beiden ins Auto und fuhren zum Eiscreme-Geschäft, kauften Vanilleeis, stiegen ins Auto und – in der Tat – es startete nicht.

Der Ingenieur kam auch an den drei folgenden Abenden. In der ersten kaufte der Mann Schokoladeneis – das Auto startete. In der zweiten Erdbeere – das Auto startete. In der dritten Nacht Vanille – das Auto sprang nicht an.

Nun war der Ingenieur ein Mann der Logik, der mit beiden Beinen auf dem Boden stand und konnte natuerlich nicht akzeptieren, daß das Auto allergisch auf Vanilleeis sein könne. Er überzeugte also seinen Chef, daß er die Besuche so lange fortsetzen könne, bis das Problem gelöst sei. Von nun an fing er an sich alle möglichen Notizen zu machen: Tageszeit, die verwendete Benzinmarke, Zeit für die Hin- und Rückfahrt und so weiter und so fort.

Nach einer Weile hatte er folgendes beobachtet. Der Mann brauchte kürzere Zeit um Vanilleeis zu kaufen als jede andere Sorte. Warum? Der Grund dafür lag im Aufbau des Ladens.

Vanille, als beliebteste Eissorte, lag in einer separaten Truhe vorne im Laden, praktisch zum Schnelleinkauf. Alle anderen Sorten wurden weiter hinten im Laden zusammen in einer Truhe angeboten, wo es nennenswert mehr Zeit bedurfte die gewünschte Sorte zu finden.

Nun musste der Ingenieur nur noch herausfinden, warum das Auto nicht startete wenn denn der Einkauf kürzer dauerte. Nachdem also die Zeit das Problem war — und nicht das Vanilleeis — fand der Ingenieur schnell die Lösung: Vergaserverschluß. Das passierte zwar jede Nacht, aber die Extrazeit um andere Eissorten zu kaufen, reichte aus, daß sich der Motor ausreichend abkühlen konnte um zu starten. Wenn der Mann Vanilleeis kaufte war der Motor immer noch zu heiß, so daß der Vergaserverschluß sich nicht aufheben konnte.

Moral der Geschichte: selbst an skuril-aussehenden Probleme ist machmal etwas wahres dran.