Cogito ergo sum


Dr. N. Morgenstern
Kaiser-Permanente Medical Center
Oakland, Kalifornien

René Descartes packender Wahlspruch „Ich denke, also bin ich“ hat auf irgendeine Weise den Ruf einer bedeutenden Einsicht bekommen. Seine Oberflächlichkeit wurde zuerst von einem Zeitgenossen, Edsall Murphy, erkannt. Es ist bedauerlich, dass die trügerischen Vorstellungen von Descartes allseits wohlbekannt wurden, während die von Murphy dem Vergessen anheim fielen. Es ist meine Hoffnung, in diesem Beitrag die beiden wieder ins rechte Verhältnis zu rücken.
Murphy selbst scheint eine etwas schwer fassbare Gestalt gewesen zu sein. Nach Haber wurde er in einer Steißgeburt im frühen fünfzehnten Jahrhundert geboren. Jedoch weisen ihn unsere Belege klar als Zeitgenossen Descartes (1596-1650) aus. Vielleicht gab es zwei Edsall Murphy. Der eine oder andere von den beiden ist heute durch Murphys Gesetz bestens bekannt, das in seiner einfachsten Form besagt – der Leser wird sich erinnern -, dass alles schief geht, was schief gehen kann. Murphy hatte wie alle bekannten Persönlichkeiten jener Zeit einen Spitznamen. Thomas von Aquin war als der Ochse bekannt, weil er recht groß war und ganz langsam sprach. Murphy ist als das „Pferd“ in die Geschichte eingegangen.

Quastio

„Ich denke, also bin ich“ klingt so beeindruckend, dass es spontan überzeugt. Murphy erkannte den Satz jedoch als Syllogismus mit einem verdeckten Obersatz.

Obersatz : Ein nicht existentes Ding kann nicht denken.
Untersatz: Ich denke.
Schluss: Deshalb bin ich.

Wenn man Descartes‘ Wahlspruch in dieser Weise gliedert, ist er offensichtlich trivial, sagt Murphy. Man vergleiche etwa mit:

„Ich wiege 170 Pfund, deshalb bin ich.“

Weil auf diesem Niveau nichts Vernünftiges herauskommt, versuchte Murphy tiefergehend zu forschen. Descartes hatte anscheinend vor, die Frage „Wie weiß ich, dass ich existiere?“ zu beantworten. Dafür ist „Cogito, Ergo sum“ kein schlechtes Ergebnis, obwohl es einer kritischen Überprüfung nicht standhalten wird. Wenn ich nämlich meine Existenz ernsthaft in Zweifel ziehe, muss ich dann nicht am Ende auch mein Denken bezweifeln? Um es anders auszudrücken:

Frage: „Wie kannst du sicher sein, dass du existierst?“
Antwort: „Ich denke.“
Frage: „Wie kannst du sicher sein, dass du denkst?“
Antwort: „Ich kann es nicht; aber ich denke, dass ich denke.“
Frage: „Überzeugt dich das davon, dass du existierst?“
Antwort: „Ich denke doch.“

Das sollte wohl deutlich machen, dass Descarte zu weit ging. Er hätte folgendes sagen sollen:

„Ich denke, dass ich denke, also bin ich.“
oder vielleicht
„Ich denke, dass ich denke; deshalb denke ich, dass ich bin. Denke ich.“.

Für das „Pferd“ waren derartige verwässerte Definitionen unannehmbar. Dieser bedeutende protoexistenzialistische Philosoph behauptete nun, dass du, von einem humanistischen Gesichtspunkt aus, nicht wirklich existent bist, wenn nicht andere deiner Existenz gewahr werden. Murphy erklärte:

„Ich stinke, also bin ich.“

Disputatio

In typisch scholastischer Manier gab es hitzige Debatten zwischen den Anhängern von Descartes und Murphy. Die Murphyaner warfen ihren Gegnern vor, Descartes über das Pferd zu stellen. Auf der anderen Seite benutzten die Cartesianer Murphys bescheidenes Dementi seiner mathematischen Fähigkeiten „Ich kann Mathe nicht von einem Loch im Boden unterscheiden.“ gegen ihn.

Conclusio

Ich vertraue darauf, dass diese Darstellung dazu beiträgt, Edsall Murphy zu rehabilitieren und seinen bedeutenden Einfluß wieder herzustellen.